Sprachliche Vielfalt in Vorarlberg

Bis ins Jahr 2001 fand im zehnjährigen Abstand eine Volkszählung statt, bei der unter anderem nach der bzw. den „Umgangssprachen“ gefragt wurde. Unter Umgangssprachen wurden dabei jene Sprachen verstanden, die gewöhnlich im privaten Bereich (mit der Familie, mit Verwandten, Freunden usw.) gesprochen werden. Seither gibt es keine Datenquellen mehr, die für die gesamte österreichische Bevölkerung Aufschluss darüber geben, welche Sprachen im Alltag gesprochen werden. Wenngleich die Daten der letzten Volkszählung veraltet sind, geben wir Ihnen hier einen kurzen Überblick über die Ergebnisse aus dem Jahr 2001. Es kann allerdings nicht davon ausgegangen werden, dass diese Daten die aktuelle sprachliche Vielfalt der Vorarlberger Bevölkerung gut abbilden.


Bei der Volkszählung 2001 gaben 86% der Vorarlberger*innen Deutsch als ihre einzige Umgangssprache an. 11% nannten Deutsch und eine andere Sprache ihre Umgangssprachen und 3% ausschließlich eine andere Sprache als Deutsch. Laut den Ergebnissen der Volkszählung lebten damals 24.256 Personen mit Türkisch als eine ihrer Umgangssprachen in Vorarlberg (damals 7% der Gesamtbevölkerung); Serbisch gaben 9.156 Personen als eine ihrer Umgangssprachen an (damals 3% der Gesamtbevölkerung); 5.752 Personen nannten Kroatisch als eine ihrer Umgangssprachen (damals 2% der Gesamtbevölkerung); 1.636 Personen Bosnisch und 1.282 Personen Slowenisch (jeweils weniger als 1% der Gesamtbevölkerung).

Quelle: Statistik Austria, Volkszählung 2001.


Sprachliche Vielfalt in Vorarlbergs Schulen und Kindergärten

Ein guter Indikator dafür, wie viele Vorarlberger*innen derzeit mehrsprachig aufwachsen, bietet die Schulstatistik. Im Schuljahr 2020/21 besuchten 17.424 Kinder in Vorarlberg die Volksschule. 31 % dieser Kinder hatten eine nicht-deutsche Umgangssprache.
Im Bezirk Dornbirn war der Anteil der Kinder mit nicht-deutscher Umgangssprache in Volksschulen mit 40 % am höchsten; gefolgt vom Bezirk Bregenz mit 30 % und den Bezirken Feldkirch und Bludenz mit jeweils 28 %. In den Kindergärten waren die Anteile der Kinder mit nicht-deutscher Umgangssprache in etwa gleich hoch.

 

Tabelle 1: Anteil der Kinder mit nicht-deutscher Umgangssprache in der Volksschulen und Kindergärten nach Bezirken (Schul- bzw. Kindergartenjahr 2020/21)

 

Bludenz

Bregenz

Dornbirn

Feldkirch

Anteil der Kinder mit einer anderen Umgangssprache als Deutsch in Volksschulen

28 %

30 %

40 %

29 %

Anteil der Kinder mit einer anderen Umgangssprache als Deutsch in Kindergärten

27 %

31 %

39 %

27 %

Quelle: Amt der Vorarlberger Landesregierung, Landesstelle für Statistik, Schulstatistik 2020/21 und Kindertagesheimstatistik 2020/21.


Die zehn häufigsten Umgangssprachen von Vorarlbergs Volksschüler*innen im Schuljahr 2020/21 waren Deutsch (11.946), Türkisch (2.493), Serbisch (395), Arabisch (334), Bosnisch (218), Rumänisch (210), Kurdisch (165), Tschetschenisch (146), Ungarisch (137) und Kroatisch (135).

Aktuellere Daten sind leider nicht verfügbar (Stand: Februar 2023).


Sprachkompetenzen im Verlauf von Integrationsprozessen

Forschungsergebnisse aus dem Jahr 2008 zu jungen Erwachsenen mit Bezug zur Türkei und zum ehemaligen Jugoslawien, die in Vorarlberg aufgewachsen sind und deren Eltern aus den genannten Ländern stammen, zeigen, dass die große Mehrheit der zweiten Generation mit der Sprache des Herkunftslandes der Eltern und mit Deutsch und somit (zumindest) zweisprachig aufwächst.

Bei der Frage „Mit welcher Sprache oder welchen Sprachen sind Sie aufgewachsen?“ gaben 93 % der Befragten mit ex-jugoslawischem bzw. 82 % mit türkischem Migrationshintergrund Deutsch an. Nach der Einschätzung ihrer Sprachkompetenzen gefragt, fällt auf, dass die zweite Generation junger Erwachsener mit Bezug zum ehemaligen Jugoslawien und mit Bezug zur Türkei ihre Deutschkompetenzen im Sprechen, Lesen und Schreiben besser einschätzen, als die Kompetenzen in ihrer Erstsprache. Deutsch ist somit die „starke“ Sprache der zweiten Generation im Erwachsenenalter.

Quelle: Grabherr, E., Burtscher-Mathis, S. (2012): Zu identitären und kulturellen Dimensionen der Integration der 2. Generation in Vorarlberg, TIES -Vorarlberg/Papier 3, verfügbar unter: http://www.okay-line.at/file/656/TIES%20Papier%203%20Identit%C3%A4re%20Dimensionen.pdf.


Ein ähnliches Ergebnis zeigt sich in den Angaben aller Schüler*innen der 8. Schulstufe in Österreich im Schuljahr 2011/2012: Etwas mehr als die Hälfte der mehrsprachigen Schüler*innen gab an, ihre Familiensprache und Deutsch gleich gut zu beherrschen; für 20 % war ihre Familiensprache die „stärkere“ Sprache; für 26 % Deutsch. Dabei zeigt sich ein klarer Zusammenhang mit dem Alter des Zuzugs nach Österreich: Je jünger die mehrsprachig aufwachsenden Schüler*innen beim Zuzug nach Österreich waren, desto häufiger gaben sie an, Deutsch und ihre Familiensprache gleich gut zu beherrschen.


Quelle: Herzog-Punzenberger, B. (2017): Die Vielfalt der Familiensprachen, Migration und Mehrsprachigkeit – Wie fit sind wir für die Vielfalt? Policy Brief Nr. 2, S. 9.